Profiluntersuchungen im Sandsteinbruch am Flügel Jägerhorn westlich Grillenburg (2)


Timo Göhler 27.10.2006


Fortsetzung

Die Untersuchungen im Steinbruch beziehen sich vorerst nur auf den Dünensandstein-Horizont. Grund hierfür ist eine Verbesserung der Kenntnis des Alters, möglicher Entstehungsursachen und des Bildungsraumes der Dünensandsteine. Es konnte festgestellt werden, dass in den Brüchen neben Äolianiten auch eine durch tidalen Wechsel verursachte Überlagerung marin gebildeter Sande mit geringmächtigen Flugsanddecken einen nicht unerheblichen Anteil an der Werksteinbank einnehmen.

Bemerkenswert ist die Lage des untersuchten Gebietes nahe einer Reihe von Klippen aus Rhyolith (frühere Bezeichnung: Quarzporphyr), welche bei zunehmendem Meeresspiegelanstieg einige indirekte Merkmale von Brandungsklippen zeigen. Während der Transgression im Obercenoman werden große Mengen Rhyolithgeröll von nicht unerheblicher Größe (nuss- bis kopfgröße) ins Litoral geschüttet.

Mit zunehmendem Meeresspiegelanstieg (im unteren Obercenoman) aus SO-Richtung kam es in der Aue des Niederschönaer Flusses zu flussaufwärtsschreitenden tidalen Flutungen bei ästuarinen Verhältnissen. Der energiereiche Wechsel zwischen Aue bei Tideniedrigwasser und mariner Flutung bedingt höhere Sedimentabtragungsraten bei Ebbe und eine schneller fortschreitende Geländeformung aufgrund der Tidewellenerosion.


Nach Ergebnissen durchgeführter Schwermineralanalysen an Grillenburger Dünensandsteinen (BEEGER 1962) konnte das nachgewiesene Mineral Titanit einer möglichen Herkunft eines weiteren Sedimentliefergebietes aus nördlicher Richtung, dem Meißener Monzonit-Granit-Massiv, zugerechnet werden (BEEGER & QUELLMALZ 1994). "Diese Schwerminerale zeichneten sich teilweise durch wohlerhaltene Kristallformen aus, so daß auf kurze Transportwege geschlossen werden durfte. Als Liefergesteine kommen wohl nur solche aus dem Meißener Syenit-Granit-Massiv in Betracht." (schriftliche Mitteilung Dr. BEEGER vom 13.09.1990).

Ich sehe in den Titaniten  im Dünensandstein der Grillenburger Werksteinbank die Möglichkeit einer durch tidale Aufarbeitung von mittelcenomanen fluvialen Monzonit- bzw. Granitgeröllen und Sanden im unteren Obercenoman, bei exponierter Strandlage, durch Wind verfrachtetes Korngut.


Nachdem die durch eine stehengelassene Wand getrennten Profile beider Abbaubereiche aufgenommen und horizontal abgeglichen wurden, konnte annähernd das wahre Ausmaß der faziellen Differenz zwischen Dünensanden und marin-äolischen Wechselschichten einer N-S gerichteten Profillänge von 100 m auf eine ca. 300 x 400 m großen Fläche extrapoliert werden. Für die Zeit des Dünensandsteines im Liegenden des Transgressionskonglomerates konnte folgende paläogeografische Situation nachgestellt werden.

 

Abbildungen 1 und 2: Rekonstruktion der paläogeografischen Situation zur Zeit des Dünensandsteines bei Tidehochwasser im unteren Obercenoman unmittelbar westlich Grillenburg im Tharandter Wald. Abb.1 (links) entspricht dem Liegenden und Abb. 2 (rechts) entspricht dem Hangenden im Gesamtprofil der Abb. 5. Der im Tide-Rhythmus exponierte nasse Strand wird bei Wind mit dünnen Flugsanddecken überzogen. Zeichnungen: © T. GÖHLER (2006)

 

 

 

Erläuterung zu Abbildung 1 und 2:
 

H - Hauptbruch
N - Nebenbruch

Fl.Jgh. - Flügel Jägerhorn
Grbg. Str. - Grillenburger Straße

1 - Felsklippen aus Rhyolith (frühere Bezeichnung: Quarzporphyr)
2 - Stranddünen und geringmächtigere Flugsanddecken des trockenen Strandes
3 - Holzhäcksel in der Schwappzone des nassen Strandes
4 - lokales Vorkommen schilfartiger Gräser
5 - Bäume und Sträucher (Lieferant der Holzhäcksel)
6 - Nasser Strand: Schwappzone
7 - Nasser Strand: Übergang von Schwapp- zu ?Brecherzone (Lage geschätzt)
8 - Steinbrüche

Nordrichtung in den Karten nach oben.

Die Dünenbildung ist möglicherweise Ursache der tidalen Aufbereitung des älteren Sanduntergrundes bei gleichzeitiger Ausblasung durch Wind. Neben groben Körnern enthält der ältere Sand auch große Mengen feinkörnigen Materials.

Die untenstehende Abbildung 3 zeigt einen kleinen Ausschnitt aus dem Hangendbereich der marinen Wechselschichtung im "Nebenbruch", welche in der Regel aus feinen Mittelsanden und gröberen Mittel- bis feinen Grobsanden mit tonigem Bindemittel bestehen. In unregelmäßigen Abständen werden diese Schichtungen von dünnen Flugsanddecken überlagert. Die Anzahl und Mächtigkeit der Flugsanddecken nimmt nach dem Hangenden rapide ab und zeigt somit das Fortschreiten der Transgression über Dünenflächen an.

 

 
 




feiner Mittelsandstein (bis max. 18 mm)

grober Mittel- bis feiner Grobsandstein (bis max. 22 mm)             


(siehe auch Abbildung 5 in Teil 1)

Abbildung 3: Wechselschichtung (Ausschnitt 25 cm) im Abbaubereich "Nebenbruch" des auflässigen Sandsteinbruches am Flügel Jägerhorn westlich Grillenburg im Tharandter Wald. 
Aufnahme und Profil: © T. GÖHLER (2006)

 

Das Ausspülen der im Tiderhythmus exponierten Strandsande wird am Beispiel der Schichtung in der Probe Abbildung 4 deutlich. Der Trennungsvorgang von Fein- und Grobkorn bringt eine recht gute Sortierung und Abrundung der Sande hervor.

Nach oben schließt das Profil mit bemerkenswerten Merkmalen nahegelegener Brandungsklippen ab. Die Dünen und Wechselschichten werden durch die einsetzende hohe Transgressionsgeschwindigkeit auf weiter Fläche hin in kurzer Zeit völlig überflutet. Die an den Rhyolithklippen abtragende Brandung schüttet bereits größere Mengen stets sehr gut gerundeter Gerölle. Durch Stürme verursachte, bis 1 m tiefe Erosionsfurchen, die völlig mit Brandungsgeröll und Sand gefüllt sind und darüber liegende großskalige Wellenrippel mit einem Kammabstand von 1,0 bis 1,6 m, zeigen sehr deutlich die hohe Dynamik der lokalen Brandungsküste im Bereich des Nassen Strandes bis Vorstrandes westlich von Grillenburg. Den Abschluss des Transgressionsprofiles der Oberhäslich Formation bildet eine im Profil "Nebenbruch" bis 0,3 m mächtige Schüttung von dichtgepackten Brandungsgeröllen und ein hangender toniger Transgressionssandstein von 0,8 m Mächtigkeit mit vereinzelten Rhyolith- und Quarzgeröllen.

 

< 1,2 cm
feiner Mittelsand
0,2 - 0,4 mm
max. 0,8 mm
tonhaltig

1
0,5 cm
grober Mittelsand
0,2 - 0,6 mm
max. 0,8 mm
tonhaltig
2
0,8 cm
feiner Mittelsand
0,2 - 0,4 mm
max. 0,5 mm
tonhaltig
3
0,5 cm
grober Mittelsand
0,2 - 0,6 mm
max. 0,8 mm
tonhaltig
4
1,4 cm
feiner Mittelsand
0,2 - 0,4 mm
max. 0,6 mm
tonhaltig
5
1,4 cm
feiner Grobsand
0,5 - 0,8 mm
max. 1,2 mm
tonfrei
6
4,0 cm
Mittelsand
0,2 - 0,5 mm
max. 0,8 mm
tonhaltig
7
Abbildung 4: Geschichteter Sandstein aus dem "Nebenbruch". Ansicht 40° schräg durch die Probe. Bild und Sammlung: © T. GÖHLER (2006)   

 

 


Abbildung.5: Schematisches Gesamtprofil im Steinbruch westlich Grillenburg im Tharandter Wald (Haupt- und Nebenbruch). Aufnahme und Zeichnung: © T. GÖHLER (2006) 

1 - Dünenkörper, massig, meist strukturlos
2 - schwach strukturierte Wechselschichtung
3 - Wechselschichtung aus verschiedenkörnigen marinen Sanden und äolischen Flugsanddecken
4 - dichtgepacktes Transgressionskonglomerat aus Paläorhyolith
5 - Wechsel mariner Sande und dünner Tonlagen mit geringmächtigen Flugsanddecken
6 - 1 m tiefe Erosionsfurchen mit Rhyolithgeröllen und Sand gefüllt

 

 

 

 

Ergebnisse

Die Untersuchung der Dünensande sollte Erkenntnisse über Entstehungsursachen und Bildungsraum bringen. Es wurde festgestellt, dass in den beiden Sandsteinbrüchen westlich Grillenburg nicht nur Dünensandstein, sondern auch eine marine bis marin-äolische Wechselschichtung die Werksteinbank bildet. Die "unreine" Wechselschichtung mit ihren Tonlagen und Grobsandschichten bringt im "Nebenbruch" nur minderwertige Werksteine hervor. Die liegende, 1 m mächtige, Dünensandsteinschicht fand Verwendung zur Herstellung von Mahlsteinen für Getreidemühlen und Schleifscheiben. Wahrscheinlich wurde dieser Bruchbereich wegen Nichtbauwürdigkeit schon früh aufgelassen. Der Hauptabbau fand bis zuletzt (um 1930) im "Hauptbruch" statt.

Obwohl im Bereich der Dünensandsteine des Grillenburger Steinbruches bisher noch keine direkte marine Fauna gefunden wurde, kann anhand der vorhandenen Bauten dekapoder Krebse (Ophiomorpha nodosa LUNDGREN) eine Entstehungszeit der Dünen während mariner Flutungen gedeutet werden. Eine Bildung als Flussdünen in den Schichten der Niederschöna Formation kann hier ausgeschlossen werden. Interessant ist das auffällige Fehlen der sonst so zahlreich vorhandenen Pflanzenröhren schilfartiger Gräser, welche jedoch 150 m südlich wieder auftreten. An vielen Stellen im Tharandter Wald ist zu beobachten, dass die Dünensandsteine im Liegenden des Transgressionskonglomerates in deutlicher Beziehung zur Transgression im Obercenoman stehen. Zwar sind noch Untersuchungen notwendig, vor allem was eine Aufsammlung biostratigrafisch verwertbarer Faunen betrifft, eine Entstehung der Dünensandsteine im unteren Obercenoman kann zweifellos angenommen werden.

Die Lage der besprochenen Dünen im Ästuar ist nicht Bestandteil dieser Arbeit. Es besteht ein lateraler Übergang von grob- bis feinkörnigen ästuarinen Sandsteinen (z.B. Gebiet östlich Grillenburg bis oberhalb Warnsdorfer Quelle) zu den marinen bis marin-äolischen Wechselschichtungen und Dünensandsteinen. Nach dem Hangenden hin werden diese Schichten von feinkörnigem Unterquader-Sandstein überlagert, der jedoch im Bereich von Schwellen nach grobkörnigen Transgressionssandsteinen variiert.

 

Literatur

BEEGER, D. und QUELLMALZ, W. (1994): Geologischer Führer Band 87 "Dresden und Umgebung" - Gebr. Borntraeger Berlin - Stuttgart, 205 S., 1994.

FREIESLEBEN, C. J. (1792): Mineralogisch-bergmännische Beobachtungen auf einer Reise durch einen Theil des meißner und erzgebirgischen Kreises, zu Anfang des 1791. Jahres. Bergmänn. Journal 5 (1792)

HÄNTZSCHEL, W. (1933): Das Cenoman und die Plenuszone der sudetischen Kreide. - Abh. Preuss. G. L. A. N. F. 150 (1933).

SCHÄFER, A. (2005): Klastische Sedimente – Fazies und Sequenzstratigraphie. - ELSEVIER, Spektrum akademischer Verlag, 1-414.


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